
Gestern/Heute abgeschlossen: „Life is Strange: True Colors“ (2021) (PC) (Any%) (18:00 Stunden) von Deck Nine und Square Enix.
Kurzreview
Ich habe alles gegeben, dieses Spiel zu lieben – und es ist auch tatsächlich besser als erwartet –, es hat jedoch deutlich erkennbare Schwächen.
Dafür, dass sich die Kraft der Protagonistin nur um Gefühle dreht, erreicht „True Colors“ bei Weitem keine so emotionale Reife wie noch das Meisterwerk „Life is Strange“ von 2015, das einfach in einer anderen Liga spielt. Nach dem Ende von Letzterem habe ich mir ob der Melancholie wirklich die Augen ausheulen müssen, während die Erzählung dieser neuen Geschichte nur ein müdes „Oh, das war’s jetzt leider.“ erzeugt hat. Mit allen musikalischen Mitteln wird hier versucht, eine ähnlich geartete Stimmung heraufzubeschwören, das fruchtet ohne mehr erzählerischen Tiefgang nur nicht.
Dabei sind die Charaktere nicht grundsätzlich schlecht geschrieben und die Beziehungsoptionen gefallen mir auch. Nur sind sie ziemlich oft einfach dümmlich wirkende Grinsebacken, das muss man einfach so sagen. Andere Emotionen wie Angst oder Wut wirken da viel realistischer, also klappt das schon irgendwie. Mit der von mir ausdrücklich gewünschten lesbischen Beziehung zu Steph hat es zwar geklappt, nur ist das Spiel so prüde und jugendfrei, dass abseits eines Kusses und dem fast direkt anschließenden Ende schlichtweg nichts drin war.
Dass die deutsche Synchro oft nicht lippensynchron ist, lässt sich immerhin sehr einfach verschmerzen, da die Sprecher einfach ziemlich gut sind. Nur Gronkh als Sheriff kann ich nicht ernst nehmen, da er schlicht nicht wirklich emotional sprechen kann – er klingt immer zu sehr nach … Let’s-Play-Gronkh eben. Dafür kann der Rest des Casts punkten, darunter Giuliana Jakobeit, in der ich nach all den Jahren immer noch die geniale Chloe Decker (Lucifer) höre.
Bunte Blumen säumen die Straße des Dorfs, wobei ich bei dem Wort absichtlich nur die Einzahl nutze. Es gibt eben leider nur diesen einen hübsch geschmückten Weg in der Mitte des Dorfs. Etwas abseits sieht man eine Kirche und noch viel mehr Häuser, die jedoch alle nicht besuchbar sind. Anfangs hatte ich da noch die Hoffnung, dass sich die erkundbare Umgebung ausweitet oder verlagert, aber das ist enttäuschenderweise nicht der Fall. Dadurch wirkt die kleine Bergarbeitersiedlung einfach echt menschenleer, da helfen die zombieartig herumstehenden Bewohner auch nicht. Insgesamt sind die Schauplätze selbst in Häusern extrem begrenzt, dafür aber außerordentlich gemütlich, was Protagonistin Alex ausgerechnet mit einer Reddit-Referenz in ihrer Wohnung bestätigt. Grafisch ist die Umgebung generell für so einen Comic-Look beeindruckend immersiv gestaltet.
Ein wenig muss ich natürlich die Handlung loben, mich hat sie immer wieder dazu getrieben, weiterzuspielen. Spannung wird durchaus aufgebaut und kann sich lange halten, nur mündet sie in einem so lahmen und zusammengestückelten Ende, dass man meinen könnte, man stehe wortwörtlich vor der Theaterkunstgruppe aus der 8b. Dort darf jeder Schüler nochmal seinen auswendig gelernten Text aufsagen und dazwischen entstehen unangenehme Pausen. Mir war klar, dass diese Art Krimi Light irgendwie zu einer Konklusionssitzung in der großen Runde führen wird, aber da haben die Autoren sich vielleicht etwas überschätzt. Dadurch konnte ich schon recht schnell die meisten Ereignisse vorhersehen und mich über die unwahrscheinlichen Zufälle wundern, was der Spannung nicht gerade gutgetan hat. Wie eingangs geschrieben, ich wollte das Spiel so lieben, wie den ersten Teil, und das (in meinem Fall positiv ausgegangene) Ende hinterlässt dabei einen bitteren Geschmack.
Gespielte Fassung: Windows-Version unter Arch Linux mit deutscher Synchro.
Errungenschaften: 72 %
Cover
Screenshots
Alle meine Screenshots gibt es auf meiner Webseite, schaut gerne mal rein. Ein paar Highlights gibt es auch hier auf CompiWare.
